«Warum ausgerechnet ein Post-Töffli?» Die Frage ist mir sicher Dutzende von Malen gestellt worden. Ja, warum eigentlich? Schliesslich «macht» man so eine Tour doch mit einem adäquateren Fortbewegungsmittel – einer stilechten Harley-Davidson
beispielsweise. Oder einem Oldtimer-Cabriolet aus den Fifties. Vorzugsweise in Pink, mit riesigen Heckflossen und so. Aber ein Post-Töffli…??? Tz…tz…tz…?!
Nun, an sich war mir all das ja auch klar. Sehr klar sogar. Aber irgendwie fehlte da einfach das Salz in der (Reise-)Suppe. Denn, wenn schon Tausende vor mir über die Reste der «Mutter aller Strassen» gebrettert waren – den Wind in den Haaren und eine röhrende Harley unter dem Hintern – wo blieb da das Abenteuer? Wo das vielgepriesene «Fleisch am Knochen»? Der Stoff, um darüber eine Story machen zu können? – Genau! Und drum das Post-Töffli!
Wobei der guten Ordnung halber gesagt werden muss, dass die Idee ja eigentlich etwas früher geboren worden war: als ich an einem lauschigen Abend mit ein paar Töff-Kollegen in bierseliger Stimmung am Stammtisch einer Beiz sass. Und mich zu später Stunde und wohl nicht mehr ganz im Vollbesitz all meiner Sinne zur Behauptung verstieg: „Die Route 66 – das ist doch ‚Nasewasser’, die fahre ich locker und auf einer „Füdlibacke“ mit einem Post-Töffli!“.
Ja, und weil man unter Kollegen solcherlei nicht ohne Folgen von sich geben kann, ging es irgendwann mal nach Thun. Genauer gesagt an die Armeematerial-Versteigerung (ja, die gab’s zu der Zeit noch). Neben vielen tausend anderen «Armee-Fans» war damals auch ein ehemaliger Schulkollege (und Post-Angestellter) vor Ort. Im Gepäck etwa 50 ausrangierte Piaggio-Posttöffli und den Auftrag, diese einigermassen gewinnbringend unters Volk zu bringen. Was ihm auch ganz gut gelang – kurz vor neun Uhr war er nämlich bereits ausverkauft. Effizienz nennt man sowas wohl. Was in einem Staatsbetrieb ja ziemlich selten ist… !. Item – jedenfalls gehörten auch mir dann plötzlich zwei dieser gelben Knatterbüchsen mit dem lustigen Sitzbänkli über dem Vorderrad… .
Zeitsprung – ein Jahr später: nach einer mechanischen Intensiv-Kur steht das eine der beiden Töffli verladebereit in der massgeschneiderten Holzkiste, in der es über den grossen Teich luft-verfrachtet werden soll. Nach Chicago, der Stadt am Michigan-See, dem Startpunkt für das grosse Abenteuer.
Das zweite Töffli bleibt zurück. In Turi Hubacher’s Garage, als Ersatzteil-Lieferant, falls seinem Gspänli auf der fast 4000 Kilometer langen Fahrt an die Pazifikküste nach Los Angeles etwas zustossen sollte.
Kommen Sie doch mit auf diese unkonventionelle Tour. Aber nehmen Sie sich Zeit – denn so schnell wird’s mit dem Post-Töffli nicht vorwärts gehen. 45 kmh im Schnitt dürfte speed-mässig das Höchste der Gefühle sein. Was durchaus auch sein Gutes hat – schliesslich gibt’s entlang dieser geschichtsträchtigen Strasse jede Menge zu sehen und zu erleben… .
In diesem Sinne: «Get Your Kicks On Route 66». Oder frei übersetzt:. „Viel Vergnügen beim Mitfahren!“